70. Trachtenwallfahrt des Chiemgau-Alpenverbandes nach Raiten
von Anita Moka am 27. Mai 2022von Sybilla Wunderlich
Glaube als Richtschnur
Zum 70. Mal pilgerten die Wallfahrer aus den 23 Trachtenvereinen des Chiemgau-Alpenverbandes an Christi-Himmelfahrt in zwei langen Zügen von Unterwössen und Schleching nach Raiten zur Wallfahrtskirche „Maria zu den sieben Linden“.
Ausrichter waren diesmal der Trachtenverein „d’Gamsgebirgler“. Die Raitner Dorfgemeinschaft hat auf dem Kirchbichl den Außenaltar hergerichtet. Begleitet wurde der Gottesdienst stimmungsvoll von der Musikkapelle Schleching und den „Schlechinger Sängern“ mit Rudi Ritter an der Zither.
Pfarrer Martin Straßer zelebrierte die Messe und freute sich, dass es wieder möglich ist, eine Wallfahrt durchzuführen. Er fand den Psalm 121 passend für die Pilger und meinte, Pilgern und Wallfahrt ist nichts Neues, es war immer schon eine Möglichkeit „DANKE“ zu sagen. Der Pfarrer forderte die Gläubigen auf, offen für Neues zu sein, das Zuhause mal zurückzulassen und der Seele die Möglichkeit zu geben, frei zu sprechen. Als Beispiel führte er das Schicksal einer älteren Frau aus seiner Gemeinde an, die nach einer schweren Krankheit beschloss, nach Santiago de Compostela zu pilgern. Auf die Frage, ob sie sich die 3.000 Kilometer zutraue, war die Antwort „Es drängt mich, nach meiner Genesung dem Herrgott Danke zu sagen“.
Martin Straßer fand, dass die Gläubigen aus dem gleichen Grund an dieser Wallfahrt hier seit 70 Jahren teilnehmen. Besonders die Rückkehrer aus dem zweiten Weltkrieg, die wieder heim kommen konnten und meinte „Wir sind da, uns geht es gut“ obwohl wir dem Krieg in der Ukraine jetzt ins Auge sehen — in den Augen der jungen Mutter und der Kinder, die vor dem Krieg flüchten mussten, für sie und all die Betroffenen wollte Pfarrer Straßer beten
Glaube als Richtschnur
Auch Gauvorstand Miche Huber fragte die Trachtler „Warum san mia heit überhaupt do?“ und erinnerte, dass sie sich verpflichtet haben am Himmelfahrtstag an die Trachtler, die im Krieg gefallen sind zu gedenken und den Herrgott um Frieden zu bitten. Immer und immer wieder soll an die schrecklichen Folgen eines Krieges erinnert werden und an die Opfer und all das Leid.
Für die aktuelle Situation erwähnte er den russischen Präsidenten als skrupellosen Staatsführer, der sein eigenes Volk anlügt und die Menschenrechte mit Füßen tritt, er war der Meinung „do derf de Stimme des Volkes net verstummen“
Aber auch die „Ego-Mentalität“ seit der Corona Pandemie und die völlig überzogenen Debatten, die aus dem Ruder laufen mahnte er an. Bequem aber effektiv seine Botschaften einfach in eine digitale Welt zu stellen, bringt bewusst die Gesellschaft aus dem Lot und gefährdet den Frieden. Sein Rat, um wieder auf die rechte Spur zu kommen und Halt zu finden, sollte für die Christen der Glaube die Richtschnur sein, ein Wegweiser und Wertevermittler. Auch die Kirche sollte ihre Change nutzen, die Gläubigen wieder zurückzuholen, aber dazu braucht es dringend Veränderungen, war seine Meinung.
Pfarrer Martin Straßer bedankte sich bei den vielen Beteiligten, die schon Tage vorher mit der Organisation beschäftigt waren, damit diese Wallfahrt wieder in einem festlichen Rahmen stattfinden konnte.
Das bekräftigte mit einem „Vergelts Gott für enka Arbeit – ohne Eich gangs net“ auch Vorstand Miche Huber.
Er erinnerte, dass es in diesem Jahr das Jahr der „Gamsgebirgler“ sein wird beim Gaufest, die Gams sei das Symbol der Schlechinger, wozu er noch bemerkte „Junger Kaplan frogt an Pfarrer: Wos soi i doa wen an Wilderer zum beichten kimmt, wos gib ma dem? Ganz oafach sogt da Pfarrer: i gib eahm oiwei 12 € as Kilo!“
Pfarrer Martin Straßer gedachte am Soldatenkreuz der Verstorbenen. Die Feier klang mit der Bayernhymne aus.
Danach saßen die Trachtler bei Musik, Speis und Trank zusammen beim Raitner Wirt und freuten sich, dass sie endlich wieder gemeinsam einen Tag verbringen konnten. wun
Text und Fotos: Wunderlich
Bild 9528 und 9530 Der lange Zug der Trachtler aus Unterwössen kommend
Bild 5469 de Gamsgebirgler auf dem Weg zum Kirchbichl
Bild 5473 GTEV Achentaler auf dem Weg zum Altar
Bild 5488 Trachtenverein aus Bernau dto.
Bild 5482 Die Musikkapelle Schleching begleitete den Gottesdienst
Bild 5497 + 5503 die Trachtler auf dem Kirchbichl
Bild 5511 der Freialtar , rechts die Fahnenabordnungen
Bild 5519 Schlechinger Sänger und Rudi Ritter an der Zither
Bild 5540 Pfarrer Straßer am Soldatenkreuz
Bild 5525 Pfarrer Martin Straßer
Sybilla Wunderlich (wun), Maisbachweg 4, 83259 Schleching, Tel. 08649–9869273, Sybilla.Wunderlich@t‑online.de
26. Mai 2022