Tracht und Trachtenpflege
von Otto Dufter jun. Unterwössen.
Die Entwicklung der Tracht vor und nach der Gründung der Trachtenvereine ist gänzlich verschieden!
Vor der Gründung der Trachtenvereine und dem Einsetzen der „Trachtenbewegung“ in Bayern war die Tracht neben den Bekleidungsregeln der Stände vielfältigen Einflüssen und Veränderungen unterworfen. Außerdem waren gesellschaftliche Herkunft, Beruf, wirtschaftliche Situation und persönlicher Geschmack des Trägers für Form und Gestaltung ihres „G´wands“ ausschlaggebend gewesen.
Die Idee einer Tracht im Sinne von Kleidung einer bestimmten Bevölkerungsschicht ist erst um 1800 entstanden. Beeinflusst ist diese Idee sicher durch die Ideen Jean-Jacques Rousseaus — „Zurück zur Natur“ — und die „Entdeckung“ des gemeinen Volkes durch Herrscher, Bürger und Intellektuelle.
Mit Gründung der Trachtenvereine Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Tracht zu einem Vereinszweck! Da sich Vereine nach Außen geschlossen präsentieren wollen, um attraktiv für mögliche Mitglieder zu sein, wurden Regeln für die Vereinstrachten aufgestellt, die dann natürlich auch im jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Rahmen gesehen werden müssen.
Tracht ist nun nicht mehr nur Ausdruck des Standes und der Person, sondern Zeichen für die Zugehörigkeit zu einem Verein! Eine aussagekräftige Trachtengeschichte muss deshalb ebenfalls im jeweiligen geschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext gesehen werden.
Dies gilt auch für den regionalen Dachverband der Trachtenverein, dem „Gau“, der mit seinen „Regeln“ das Bild der Tracht allgemein und im Detail beeinflusst.
Im § 2 der Satzung des Chiemgau-Alpenver-bandes wird die „Förderung, Pflege, Erhaltung und Verbreitung der bodenständigen Trachten“ als Verbandszweck genannt.
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Die Stresemann–Hose
Die sogenannte Stresemannhose ist Bestandteil des Cuts. Auch Cutaway genannt weil die Schöße des Gehrocks rundgeschnitten sind. Ein Tagesanzug der zum Ende des 19.Jahrhunderts in England entstanden ist. Bis heute trägt man diesen Anzug noch gerne bei Hochzeiten und offiziellen Anlässen. Gustav Stresemann (Reichskanzler 1927 später Außenminister in der Weimarer Republik) ließ sich den langen, eher unbequemen Gehrock kürzen und gab somit dem Anzug den Namen. Zu der Zeit gab es auch schon den forstgrünen Anzug.
Georg Eisenberger, Ruhpoldinger Reichstagsabgeordneter bis 1932, trug dieses Gewand auch in der Hauptstadt Berlin. Zu Hochzeiten wurden in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts fast ausschließlich der schwarze Anzug getragen. Dabei kam wohl auch die gestreifte Hose zum Einsatz. Bis vor etwa 30 Jahren wurde im Miesbacher Raum ein schwarzer Nadelstreifen-anzug bei Trachtenhochzeiten getragen.Der Stoff dieses Beinkleides war wohl so robust, das er die Jahrzehnte überdauerte.Bis in die 1990er Jahre war die „Stresemann“ die Sonntagshose der älteren Herrschaften.
Vor ca 25 Jahren wurde sie von den Jungen wiederentdeckt. Bis heute ist sie sehr beliebt bei Alt und Jung und hat die Bundlederhose fast verdrängt. Es ist eine festliche Hose, die es verdient hat , auch bei solchen Anlässen getragen zu werden.