Schuhplatteln und Dirndldrahn
Die Anfänge des Schuhplattelns in Bayern reichen bis zum Jahre 1801 zurück. Es handelt sich von Anfang an um einen Werbetanz, mit dem der Bursch um die Gunst des Dirndl warb. Der frei gestaltete Werbetanz wandelte sich von der Mitte des 19. Jahrhunderts an zum Schautanz. Ein bedeutender Zeitpunkt in den Anfängen des Schuhplattelns war auch die Vorführung vor König Maximilian II auf dessen Reise durch das bayerische Gebirge im Jahre 1858.
Im Gebiet des heutigen Chiemgau-Alpenverbandes für Tracht und Sitte gehen die Aufzeichnungen über das Schuhplatteln bis ins Jahr 1880 zurück, als in Hohenaschau im Gasthof „Zur Burg“ zum ersten Mal vier bis sechs Buam gemeinsam geplattelt haben. Es wurde der „Haushamer Plattler“, auch „Vögelfanga“ genannt geplattelt.
1891 wurde in Miesbach das erste Preisplatteln abgehalten. 1911 erschien die erste Niederschrift über das Schuhplatteln.
1926 wurde der Chiemgau-Alpenverband gegründet. Bereits 1927 fand das erste Gaupreisplatteln in Unterwössen statt. 1928 wurde es in Niederaschau und 1929 in Grassau abgehalten. In den Jahren 1930 bis 1935 fiel es aus.
1934 wurde der Jakob Zenz aus Hohenaschau zum ersten Gauvorplattler des Chiemgau-Alpenverbandes gewählt. Das nächste Gaupreisplatteln fand 1936 in Marquartstein statt. Kurz vor und während der Kriegszeit von 1937 bis 1945 fiel die Veranstaltung wieder aus.
Die Tätigkeit der Trachtler nach dem Krieg begann wieder 1946. Leider ist Gauvorplattler Jakob Zenz aus dem Krieg nicht mehr heimgekehrt. Zu seinem Nachfolger wurde Ludwig Hufnagel aus Unterwössen gewählt. Im selben Jahr 1946 wurde in Grassau im Gasthof „Zur Post“ wieder ein Gaupreisplatteln abgehalten. Es findet seither jedes Jahr ohne Unterbrechung statt. Ebenfalls jedes Jahr halten die 23 dem Gauverband angeschlossenen Vereine ihr Vereinspreisplatteln ab.
1960 wurde das bewährte Gaudirndldrahn eingeführt. Es fand zum ersten Mal am 22. Oktober 1960 im Gasthof „Zur Post“ zusammen mit dem Gauball statt. Die Reihenfolge beim Dirndldrahn, damals wie heute, ist ein Walzer, ein Plattler, ein Walzer und ein Plattler. Nach dem Walzer erfolgt jeweils ein Ausdrahn und nach dem ersten Plattler einmal das Einfangen.
Text: Hubert Haas, 2004
Bilder: Andi Scheck, 2003
Chiemgauer Plattln
Die Vielfalt der Landschaften Bayerns ist überwältigend und begeisternd. Und so wie sich die Landschaften voneinander unterscheiden ist auch die Tracht, das Brauchtum und die Art und Weise zu tanzen und zu platteln unterschiedlich.
Die Chiemgauer Art wird allgemein, als leichtfüßig, rund und spritzig, kurz als „schneidig“ beschrieben. Die Eleganz der Bewegungsabläufe und die Lautstärke der Schläge auf Schuhen und Hosen kennzeichnen die Chiemgauer Art.
Wie überall geht es auch im Chiemgau darum, die Zuschauer in der Form und im Ausdruck des Tanzes zu beeindrucken. Früher waren es wohl die Dirndl, die auf dem Tanzboden durcch frei improvisierte Schlagfolgen und Sprünge umworben wurden.
Der Stolz auf das Land und die Landschaft, die Schönheit der Region und das überaus große Glück auf diesem Stück Erde leben zu dürfen, spiegelt sich im Auftritt der Chiemgauer Buam und Dirndl wider. Eine seltene Form des Plattlns findet sich aber tatsächlich nur im Chiemgau.
Üblicherweise wurde der Plattler nur zu Landlermelodien getanzt. Basis aller Schläge auf Schuhe und Hose war also der Drei-Viertel-Takt. Die Buam im Chiemgau haben eine neue Variante probiert und eingeführt, nämlich den Marschplattler. Er folgt auf flotte Marsch- und Polka- Melodien und wirkt dann besonders kräftig, wenn zwanzig Buam gemeinsam und ohne Dirndl (auch eine Chiemgauer Eigenart) auftreten.
Dirndldrahn im Chiemgau
Plattln und Dirndldrahn hat sich im Chiemgau zu einer leichtfüßigen, spritzigen Tanzform entwickelt. Die Dirndl drehen sich nach einem gemeinsamen Walzer mit dem Buam so schnell es geht in sich und dabei in kleinen Schritten, wie ein Kreisel, um den Buam. Dieser plattelt währenddessen zur jeweiliegen Melodie. Nach diesen 16 Takten „fängt“ der Bua sein Dirndl, um wieder einen Walzer mit ihr zu tanzen. Typisch für den Chiemgau sind dabei, dass sich das Dirndl unabhängig vom Takt so schnell wie möglich in sich dreht, aber dabei eine relativ geringe Vorwärtsbewegung macht.
Ein besonders schönes, schneidiges Bild entsteht, wenn die Dirndl Rock an Rock, im gleichen Tempo und Abstand um die Buam in der Mitte drehen.
Viel Übung gehört dazu, wenn es darum geht vor den Augen der Preisrichter die beste Darbietung zu zeigen. Dabei kommt es auf eine möglichst gerade Körperhaltung, gestreckte Beine, hoher Stand auf den Zehenspitzen und natürlich die Geschwindigkeit an.
Das „Einfangen“ der Dirndl erfordert eine gute Abstimmung zwischen Dirndl und Buam, viel Taktgefühl und eine gute Einschätzung der Geschwindigkeit der Dirndl. Wenn die Harmonie zwischen Dirndl und Buam stimmt, dann geht die Drehgeschwindigekit der Dirndl ganz flüssig in einen Walzerschritt zwischen Dirndl und Buam über. Eine Chiemgauer Eigenart ist, dass die Dirndl an der rechten Hand gefangen werden, während im übrigen Bayern das Einfangen über die Schulter verbreitet ist.