Christ­li­ches Brauchtum

Lit­ur­gie

„Das Licht neben dem Taber­na­kel ist nicht die Beleuch­tung für den Not­aus­gang son­dern das ewi­ge Licht“… das dürf­te wohl noch allen unter uns geläu­fig sein, aber das Wis­sen über den Ablauf der hei­li­gen Mes­se, das Wes­halb, Was und Wann wird immer dünner.

Das Kir­chen­jahr und damit auch die Kir­che sel­ber sind Mit­tel­punkt unse­res Brauch­tums­jah­resWenn die Bin­dung dazu aber gänz­lich weg­fällt, ist z.B Fron­leich­nam nur noch eine folk­lo­ris­ti­sches Treffen.

Hier möch­te der Chiem­gau Alpen­ver­band auf ein­fa­che und ver­ständ­li­che Wei­se Auf­klä­rungs­ar­beit leisten.

In der Familie

Herr­gotts­win­kel

In den Häu­sern und Woh­nun­gen unse­rer Vor­fah­ren gab es einen selbst­ver­ständ­li­chen, fami­liä­ren Mit­tel­punkt: den Herr­gotts­win­kel in der Küche und Stube.

Das Wort „Herr­gotts­win­kel“ ist erstaun­lich jung, wenn­gleich das Brauch­tum des Herr­gott­win­kels weit zurück­reicht. Das Wort ist erst­mals von dem öster­rei­chi­schen Schrift­stel­ler Peter Roseg­ger (1843–1918) geprägt wor­den.
Der Herr­gott­win­kel mit dem Kreuz in der Ecke oder an der Wand will nicht Erin­ne­rung an einen Toten sein. 

„Gott ist ein Gott nicht der Toten, son­dern der Leben­den (Mt. 22,31).“

Oft hängt im Herr­gotts­win­kel ein altes, wert­vol­les Kreuz, das seit Gene­ra­tio­nen im Fami­li­en­be­sitz ist und nicht sel­ten vom Efeu umrankt.

An die­sem Kreuz wird all­jähr­lich der neu­ge­weih­te Palm­zweig, oder ein Kräu­ter­bü­schel zu Mariä Him­mel­fahrt gesteckt. Bis­wei­len ist auch ein alter Rosen­kranz, den viel­leicht schon die Urgroß­mutter in den Hän­den hat­te, an das Kreuz gehängt. Recht und links vom Kreuz sind oft Hin­ter­glas­bil­der ange­bracht.
Vor die­sem Kreuz haben unse­re Vor­fah­ren in unter­schied­li­chen Anlie­gen gebe­tet, vor der Geburt eines Kin­des, in schwe­ren Prü­fun­gen und Schick­sals­schlä­gen in der Fami­lie, im Haus oder Stall, für Kran­ke und Sterbende.

Der Herr­gotts­win­kel erin­nert unauf­dring­lich jeden Besu­cher, hier woh­nen Chris­ten, die zu ihrem Glau­ben ste­hen und ihren Glau­ben im bestehen­den All­tag leben. Frü­her hat die Groß­fa­mi­lie den Raum des Glau­bens und des Brauch­tums im Ablauf der Jah­res­zei­ten und des Kir­chen­jah­res gebo­ten und mit Leben erfüllt.
Sie hat gleich­zei­tig die Sozi­al­leis­tung erbracht, die heu­te von den Kran­ken­kas­sen, von den Pfle­ge u. Ster­be­ver­si­che­run­gen, die vom Staat erwar­tet wird. Der Wan­del der Zeit, vor allem der Wan­del der Gesin­nung, hat der Fami­lie schwe­ren Scha­den zuge­fügt.
Es bedarf einer gro­ßen Anstren­gung im fami­liä­ren Umgang mit­ein­an­der, um die Bedeu­tung bereits des gemein­sa­men Essens, des Gesprä­ches, auch des Spie­les ein­zu­se­hen. Erst nach einer uner­läss­li­chen Vor­feld­ar­beit kann der Herr­gotts­win­kel so wie­der zur Mit­te des Glau­bens und Betens in der Fami­lie werden.

Tisch­ge­bet

Das Tisch­ge­bet ist in der Glau­bens- und Lit­ur­gie­ge­schich­te aller christ­li­chen Jahr­hun­der­te ein wich­ti­ges und zen­tra­les The­ma gewe­sen.
Das Tisch­ge­bet in unse­rer Zeit ist nicht weni­gen Irri­ta­tio­nen und Schwie­rig­kei­ten aus­ge­setzt, wenn man sich allein die heu­ti­ge Arbeits­welt und das mul­ti­re­li­giö­se Kli­ma in Werks­kan­ti­nen oder Restau­rants vergegenwärtigt. 

Wer heu­te beim Gemein­schafts­es­sen auch nur das Kreuz­zei­chen macht oder die Hän­de fal­tet, kann all­zu leicht zum Gespött wer­den.
Drängt sich ange­sichts sol­cher All­tags­si­tua­tio­nen nicht die Fra­ge auf, ob wir Chris­ten zu wenig Mut haben, unse­ren Glau­ben in äuße­ren Zei­chen zu bekennen?

Wie weni­ge Fami­li­en kom­men heu­te zum Mit­tags­tisch zusam­men! Das Abend­essen ist meist durch Fern­seh­pro­gram­me vor­pro­gram­miert und all­zu oft nicht gemein­sam.
Wenn es wahr ist, dass der Sams­tag und der Sonn­tag der Fami­lie gehört, dann sind gera­de die­se bei­den Tage, wert­vol­le Gele­gen­hei­ten für das gemein­sa­me Tisch­ge­bet.
Wenn aber Vater oder Mut­ter nicht mit­be­ten, wird das fami­liä­re Tisch­ge­bet nicht gelin­gen, nicht in das Leben und Beten der jun­gen Gene­ra­ti­on ein­zu­wur­zeln und „als guter Brauch“ wei­ter­ge­ge­ben werden.

Das per­sön­li­che, vor allem das fami­liä­re Tisch­ge­bet braucht eben­so Ein­übung eines oft­mals gespro­che­nen und daher ein­ge­prägt leich­ten Tex­tes, wie Abwechs­lung durch die The­ma­tik des Kir­chen­jah­res oder eines Gebets­wür­fels.
Auch das spon­tan for­mu­lier­te Tisch­ge­bet – an einem kirch­li­chen Fest­tag oder zum Geburts- oder Namens­tag soll­te Platz haben und sich ent­fal­ten können.

„Komm, Herr Jesus, sei unser Gast, und seg­ne, was du uns besche­ret hast.“
„O Gott, von dem wir alles haben, wir dan­ken dir für die­se Gaben.
Du spei­sest uns, weil du uns liebst.
O seg­ne auch, was du uns gibst. Amen“.

Quel­len­nach­weis:
Klei­nes Lexi­kon des Christ­li­chen Brauch­tums v. Alfred Läpple

Text­ver­fas­ser u. Bild Andre­as Windbichler

Fron­leich­nam

Das Fest Fron­leich­nam ist kir­chen­ge­schicht­lich gese­hen noch sehr jung. Wenn man bedenkt, dass die Fest­le­gung von Ostern und auch Weih­nach­ten auf das Kon­zil von Nicäa (325 n. Chr.) zurück geht, das Fron­leich­nams­fest aber erst im Jahr 1264 n. Chr. auf­scheint, und von den Päps­ten Urban IV (1261–1264), Cle­mens V (1305–1314) sowie Johan­nes XXII (1381–1434) für die gan­ze Welt­kir­che ver­bind­lich ein­ge­führt wur­de, ist das ganz klar ersicht­lich. Grund war eine Visi­on der im bel­gi­schen Klos­ter Mont-Cor­nil­lon leben­den Augus­ti­ner­non­ne Julia­na von Lüt­tich. Ihr erschien die Kir­che in Gestalt einer Voll­mond­schei­be, auf der ein dunk­ler Fleck zu sehen war. In visio­nä­rer Schau wur­de ihr erschlos­sen, im Licht­kreis der kirch­li­chen Lit­ur­gie feh­le ein wich­ti­ges Fest zu Ehren der Eucha­ris­tie. Ange­regt durch die­se Visi­on führ­te Bischof Robert von Lüt­tich 1246 das Fron­leich­nams­fest zur Erin­ne­rung an die Ein­set­zung des Altar­sa­kra­men­tes (lit­ur­gi­sche Fei­er am Grün­don­ners­tag in der Kar­wo­che) dort ein Zen­tra­ler Mit­tel­punkt von Fron­leich­nam ist die (öffent­li­che) Dar­stel­lung des „Her­ren­lei­bes“ in Form der Hos­tie. Dazu wird eine aus­ge­spro­chen präch­ti­ge Gold­schmie­de­ar­beit, die soge­nann­te „Mons­tranz“, ver­wen­det, um die Hos­tie, um die es hier zen­tral geht, in einer Pro­zes­si­on mit­füh­ren zu kön­nen. Der Geist­li­che trägt die­se Mons­tranz (Schau­ge­fäß) in der Pro­zes­si­on durch Stadt oder Dorf. Dabei geht er unter einem eben­falls kunst­voll gestal­te­ten (im Volks­mund „Him­mel“ genann­ten) Bal­da­chin ein­her, der von vier Män­nern getra­gen wird, die meist einer so genann­ten „roten“ (Herz Jesu) Bru­der­schaft oder einer sons­ti­gen Bru­der­schaft („blaue“ = Rosen­kranz-Bru­der­schaft) ange­hö­ren und ent­spre­chend far­bi­ge Umhän­ge trag

Der Tag Fron­leich­nam wird immer am zwei­ten Don­ners­tag nach Pfings­ten fest­lich began­gen. Er heisst anders­wo wegen sei­ner gro­ßen Pracht­ent­fal­tung „gro­ßer Pran­ger­tag“ (von pran­gen, also präch­tig sein) oder auch ‚“Kranz­l­tag“, an dem die jun­gen Dirndl ein Myr­then­kranzl im Haar tra­gen. Wört­lich über­setzt heißt Fron­leich­nam „Her­ren­leib“, also „Leib des Herrn“ und damit ist klar, um was es sich lit­ur­gisch hier han­delt. Es geht um die glanz­vol­le, präch­tig in Sze­ne gesetz­te öffent­li­che Dar­stel­lung des Herrn und Hei­lands in Form der geweih­ten Hos­tie. „Fro(n)“ über­setzt aus dem Alt­hoch­deut­schen heisst „Herr“ (Fron­dienst = Dienst für den Herrn, also den Fürs­ten, König, Fürst­bi­schof und der­glei­chen). „Lich­nam“ bedeu­tet alt­hoch­deutsch „Leib“. Anders als der Chris­ti Him­mel­fahrts­tag, der bedeu­tungs­mä­ßig mehr und mehr zum ver­welt­lich­ten „Vater­tag“ schrumpft, hat sich Fron­leich­nam im all­ge­mei­nen Sprach­ge­brauch (noch) nicht ver­än­dert, denn auch in den Gegen­den in denen man „Gro­ßer Pran­ger­tag“, „Kranz­l­tag“ oder „Ant­laß­tag“ sagt, ist der tat­säch­li­che Ober­be­griff „Fron­leich­nam“ nicht in Fra­ge gestellt. Ant­lass bedeu­tet Ent­las­sung aus der „Kir­chen­bu­ße“ am Grün­don­ners­tag für alle, die seit Ascher­mitt­woch das Buß­ge­wand tra­gen mussten.

„Mons­tranz“ ist sprach­lich mit De-mons­tra-tion (mons­tra­re = zei­gen) ver­wandt, was im ursprüng­li­chen Sinn „etwas demons­trie­ren, also vor- bzw. her­zei­gen“ bedeu­tet. Das Volk soll also die Hos­tie als Sinn­bild des leben­di­gen Leibs Chris­ti sehen, und dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass davon mensch­li­ches Heil kommt und ewi­ges Leben.

Den Don­ners­tag als Fest­tag hat man des­halb gewählt, weil ja an einem Don­ners­tag beim letz­ten Abend­mahl in Jeru­sa­lem das „Sakra­ment des Alta­res“ von Chris­tus selbst ein­ge­setzt wor­den ist. „Grün“ steht hier für: „grein(en)“ d.h. schmerz­lich sein Gesicht ver­zie­hen (wei­nen). Ins­be­son­de­re die römisch katho­li­sche Kir­che hat die­ses Herren(leibs)fest seit sei­ner Ein­set­zung in den kirch­li­chen Jah­res­ka­len­der immer schon mit gro­ßem Geprän­ge gefei­ert, was sich bis auf den heu­ti­gen Tag nicht geän­dert hat. Bereits im Hoch­mit­tel­al­ter war das so, aber auch in der gesam­ten Barock­zeit und beson­ders in der „Gegen­re­for­ma­ti­on“ kam es zur Voll­blü­te, auch durch eher welt­li­che Zuga­ben bei den Pro­zes­sio­nen, in denen der Pries­ter mit der Mons­tranz bei den Evan­ge­li­en (4 an der Zahl) in alle Him­mels­rich­tun­gen seg­net. Es ging (zum Teil wenigs­tens) dar­um Außen­ste­hen­den und Anders­gläu­bi­gen zu demons­trie­ren zu wel­cher Pracht­ent­fal­tung der kath. Glau­be fähig ist, der dabei „ein Stück Him­mel auf Erden“ auf­blit­zen ließ. Dazu bot man auch von Sei­ten des Staa­tes (Kur­fürst, König, Lan­des­herrn) alles Erdenk­li­che auf, um noch pracht­vol­ler, noch ein­drucks­vol­ler zu sein als anders­wo. „Ein ech­tes Thea­trum Sacrum, bei dem die Gläu­bi­gen nicht nur Zuschau­er son­dern zugleich noch Mit­wir­ken­de waren und auch heu­te noch sind. In unse­rer Zeit ist die Fron­leich­nams­pro­zes­si­on das Her­zei­gen einer Gesin­nung, das Bekennt­nis zu einem fei­er­lich-fest­li­chen Glau­ben. Soll­te man sich nicht in einer Zeit, in der man soviel auf Demons­tra­tio­nen hält auch einen Sinn für die Demons­tra­ti­on des Glau­bens bewah­ren?“ (Paul Ernst Rattlmüller).

Dass bereits sehr früh soge­nann­te ‚Mai­en“ ent­lang des Pro­zes­si­ons­we­ges auf­ge­stellt wur­den, ist über­lie­fert. Als Mai­en bezeich­ne­te man grü­nes Busch- und Blatt­werk, wie jun­ge Bir­ken und der­glei­chen. Die­ses Auf­stel­len von Mai­en kennt man auch zu ande­ren (welt­li­chen) Anläs­sen, was mög­li­cher­wei­se zur Begrün­dung des Mai­baum­brau­ches führ­te. Außer­dem schmück­te und schmückt man die Häu­ser am Pro­zes­si­ons­weg mit roten, gold­bor­ten­be­setz­ten ‚Tüchern und „Daxen­bü­scheln“. Aber auch Brü­cken und Brü­cken­ge­län­der sind auf die­se Wei­se geziert. Wo Fah­nen im Haus sind, wer­den sie hin­aus gehängt; übli­cher­wei­se weiss-blau, also die baye­ri­schen Lan­des­far­ben.. Gelb-wei­ße Fah­nen, also in den kirch­li­chen Far­ben, flat­tern auf Kirch­tür­men im Wind, aber tra­di­ti­ons­ge­mäß auch an Häu­sern, aus denen ein Geist­li­cher her­vor gegan­gen ist.

Da und dort wer­den auf Tischen Hei­li­gen­fi­gu­ren, flan­kiert von bren­nen­den Ker­zen, am Pro­zes­si­ons­weg auf­ge­stellt. Zu sehen sind im Bereich der Pro­zes­si­ons­al­tä­re auch kunst­voll gestal­te­te Blu­men­tep­pi­che. Sowohl der Pro­zes­si­ons­weg als auch die Marsch­ord­nung des Pro­zes­si­ons­zu­ges sind tra­di­ti­ons­ge­mäß fest­ge­legt. Das wird sogar in der heu­ti­gen Zeit noch ein­ge­hal­ten. Die Kom­mu­ni­on­kin­der des jewei­li­gen Jah­res beglei­ten seit­lich gehend den „Trag­him­mel“, unter dem der Pries­ter mit der Mons­tranz geht. Die Dirndl streu­en aus ihren Kör­berln, die sie mit tra­gen, Blu­men­köp­fe und Blü­ten­blät­ter, so dass der gan­ze Pro­zes­si­ons­weg damit bestreut wird. Exakt fest­ge­legt sind auch die jewei­li­gen Aus­sen­al­tä­re, an denen die Pro­zes­si­on zur Lesung des Evan­ge­li­ums halt macht, der Kir­chen­chor sein „Pan­ge lin­gua glo­rio­si“ singt und beim Segen mit der Mons­tranz die Böl­ler kra­chen. Ob letz­te­res zum „sinn­vol­len“ Brauch gehört in Momen­ten inners­ter Andacht, dar­über gehen die Mei­nun­gen aus­ein­an­der. Die Pro­zes­si­on, abwech­selnd beglei­tet vom Rosen­kranz­ge­bet und den lang­sa­men Marsch­stü­cken der ört­li­chen Blas­mu­sik, endet dort, wo sie begon­nen hat, in der Pfarr­kir­che, mit dem letz­ten der vier Evangelien.

Neben dem reli­gi­ös-kirch­li­chen Ereig­nis kann der geüb­te Betrach­ter an der Pro­zes­si­ons­ord­nung fest­stel­len, wer in einer Stadt oder Gemein­de wo genau rang­mä­ßig ange­sie­delt ist. Auf dem Land stel­len neben den Uni­form­trä­gern und ‑trä­ge­rin­nen die Trach­ten­ver­ei­ne (bei uns sowohl Gebirgstrach­ten, als da und dort auch soge­nann­te Volks- oder his­to­ri­sche Trach­ten) ein zen­tra­les Ele­ment dar. Sie beab­sich­ti­gen damit mehr oder weni­ger aus­drucks­stark die Ver­bun­den­heit mit dem ange­stamm­ten Glau­ben in der Gemein­schaft zu demons­trie­ren. Die Über­lie­fe­rung zeigt, dass wie bei allen Demons­tra­tio­nen (hier des Glau­bens in der Gemein­schaft) sich immer und über­all Aus­wüch­se ein­stel­len kön­nen, die zu Ver­bo­ten oder Ein­schrän­kun­gen in der (reli­giö­sen) Brauch­tum­s­aus­übung geführt haben. Der Fron­leich­nams­tag ist nach dem gel­ten­den Fei­er­tags­ka­len­der nur dort Fei­er­tag, wo über­wie­gend römisch-katho­li­sche Bevöl­ke­rung lebt.

Ähn­li­che „Schau­pro­zes­sio­nen“ im bes­ten Sin­ne des Wor­tes kennt man im gesam­ten christ­lich abend­län­disch gepräg­ten Kul­tur­kreis zu den ver­schie­dens­ten Anlässen.

In einer Zeit der Rich­tungs- und Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit könn­te das Fest Fron­leich­nam ein wich­ti­ges „Leucht­feu­er“ dar­stel­len, wenn es sich an alle Men­schen rich­tet, gleich wel­chen Glau­bens und wel­cher Welt­an­schau­ung sie sind. Ab– und Aus­gren­zung, wie es sie in der Geschich­te von Fron­leich­nam frü­he­ren Berich­ten zufol­ge bereits gab, haben nach mei­ner Ansicht am Fest des geweih­ten „Her­ren­lei­bes“ kei­nen Platz.

Fron­leich­nams­brauch, Sie­gi Göt­ze, Mar­quart­stein, März 2009.

Advent

Das aus dem Latei­ni­schen kom­men­de Wort Advent (adven­tus) bedeu­tet „Ankunft“: Erwar­tung der Ankunft des Herrn (adven­tus Domini). 

Die Fül­le des Advents erschließt sich als Rück­blick in die Ver­gan­gen­heit, als das Volk Isra­el, inspi­riert durch eine Viel­zahl mes­sia­ni­scher Weis­sa­gun­gen im Alten Tes­ta­ment, auf den Mes­si­as und Erlö­ser aus­schau­te. 
Als Vor­be­rei­tung auf das zukünf­ti­ge Kom­men Jesu am Ende der Geschich­te als Wel­ten­rich­ter.
Mit dem Weih­nachts­fest­kreis, der am ers­ten Sonn­tag im Advent sei­nen Anfang nimmt und mit dem Sonn­tag nach dem Fest der Erschei­nung des Herrn (Drei­kö­nigs­fest) im Geden­ken an die Tau­fe Jesu durch den Täu­fer Johan­nes endet, wird das Kir­chen­jahr eröff­net. 
Jeder Advent besitzt – auch für Men­schen, die reli­gi­ös kaum noch aktiv sind – eine ganz eigen­ar­ti­ge Stim­mung. Sehr häu­fig wird in ihm ein wesent­li­ches und unver­lier­ba­res Stück Auto­bio­gra­phie leben­dig; die Erin­ne­rung an die vor­weih­nacht­li­che Zeit aus der eige­nen Kind­heit und Jugend. 
Wie kaum eine ande­re Zeit ist der Advent ange­rei­chert mit vie­len und unter­schied­li­chen Impul­sen des kirch­li­chen Lebens, die vom reli­giö­sen Brauch­tum auf­ge­grif­fen wur­den
Advents­kranz, Bar­ba­ra­zweig (4. Dez.), Niko­laus (6.Dez.), Fest Maria ohne Erb­sün­de (8. Dez.), Luzia­tag (13.Dez.), Her­berg­su­che oder Frau­en­tra­gen (21. Dez. bis 6. Jan.) 
Eine beson­de­re Bedeu­tung haben in Bay­ern die lit­ur­gi­schen Fei­ern der Rora­te Ämter. Der Name kommt von dem latei­ni­schen Wort aus dem Buch Jesa­ja „Tau­et Him­mel“. Die Rora­te-Ämter sind Votiv­mes­sen zu Ehren der Got­tes­mut­ter Maria.
Wegen des dabei ver­le­se­nen Evan­ge­li­ums der Ver­kün­di­gung des Herrn, wer­den sie auch als „Engel­äm­ter“ bezeichnet.

Die Advents­zeit soll eine „staa­de Zeit“ sein – eine Zeit der Besin­nung wie auch der Über­le­gun­gen, war­um sich die Men­schen aus­ge­rech­net zu Weih­nach­ten beschen­ken. 
Beschen­ken sich die Men­schen, weil zuerst Gott uns beschenkt? 
Der Cha­rak­ter der Buße und Umkehr drückt sich in den vio­let­ten Mess­ge­wän­dern eben­so aus wie in der Unter­las­sung des Glo­ria in den advent­li­chen Messfeiern. 

Advents­kranz

Was heu­te vie­le Chris­ten als alten Brauch anse­hen, erweist sich die geschicht­li­che For­schung als kaum älter als hun­dert Jah­re. Zwar gehen die Anfän­ge des Advents­kran­zes etwa in die Mit­te des 19. Jahr­hun­derts zurück.

In die katho­li­sche Fröm­mig­keit hat er erst 1935 Ein­gang gefun­den – wohl auch auf­grund von inten­si­ven Über­le­gun­gen, es han­delt sich um einen evan­ge­li­schen Brauch!
Das Tan­nen­grün soll Sym­bol für Leben sein.
Die vio­let­ten Bän­der wie auch ursprüng­lich vio­let­ten Ker­zen sol­len auf den Buß- und Ein­stim­mungs­cha­rak­ter der vor­weih­nacht­li­chen Zeit auf­merk­sam machen.
Die Kreis­form des Advents­kran­zes wie­der­um kann als Sym­bol des Erd­krei­ses, der Ewig­keit Got­tes ver­stan­den wer­den.
Das Licht der vier Ker­zen zeigt den stu­fen­wei­sen Auf­stieg zum vol­len Licht der Weih­nacht.
Der grü­ne Kranz bedeu­tet Leben und Gemein­schaft.
Die vio­let­te Far­be der Bän­der u. Ker­zen wur­den meist durch ein fest­li­ches Rot abge­löst.
Der Advents­kranz ist ein Zei­chen der Hoff­nung, dass nicht Dun­kel und Tod, son­dern Licht und Leben sie­gen wer­den.
Bei der Ent­zün­dung der Ker­zen an den vier Advent­sonn­ta­gen kann im kirch­li­chen Raum wie im häus­lich-fami­liä­ren Bereich das Lied aus dem Got­tes­lob Nr. 115 gesun­gen werden:

1. Wir sagen euch an den lie­ben Advent. Sehet, die ers­te Ker­ze brennt.
Wir sagen euch an eine hei­li­ge Zeit.
Machet dem Herrn die Wege bereit. Freu­et euch, ihr Chris­ten, freu­et euch sehr!
Schon nahe ist der Herr.

2.Wir sagen euch an den lie­ben Advent. Sehet, die zwei­te Ker­ze brennt. So neh­met euch eins um das ande­re an, wie auch der Herr an uns hat getan.

3.Wir sagen euch an den lie­ben Advent. Sehet, die drit­te Ker­ze brennt. Nun tragt eurer Güte hel­len Schein weit in die dunk­le Welt hinein.

4. Wir sagen euch an den lie­ben Advent. Sehet, die viert Ker­ze brennt. Gott sel­ber wird kom­men, er zögert nicht. Auf, auf, ihr Her­zen und wer­det licht.

Text Maria Fer­schl 1954, Melo­die Hein­rich Rohr 1954 


Qel­len­nach­weis Klei­nes Lexi­kon des Christi­li­chen Brauch­tums.
Text u. Bild Advents­kranz Andre­as Wind­bich­ler
Bild Rora­te — Engel­amt aus dem Internet

Namens­tag

In vie­len Krei­sen der Bevöl­ke­rung hat die Geburts­tags­fei­er die Fei­er des Namens­ta­ges ver­drängt.
Neu­ge­bo­re­ne erhal­ten zwar bei der Tau­fe den Namen eines (einer) Hei­li­gen. Kaum jedoch erfah­ren sie, wer die­ser (die­se) Hei­li­ge war, in wel­chem Jahr­hun­dert er leb­te und was das Beson­de­re und Hei­li­ge in sei­nem Leben und Wir­ken gewe­sen ist.

Im Lau­fe der christ­li­chen Glau­bens­ge­schich­te lässt sich ab dem 13. Jahr­hun­dert eine deut­lich stei­gen­de Hei­li­gen- u. Reli­qui­en­ver­eh­rung fest­stel­len, die auch eine wach­sen­de Bedeu­tung des per­sön­li­chen Namens­pa­trons bewirk­te.
Der 1566 her­aus­ge­ge­be­ne „Römi­sche Kate­chis­mus“ schreibt über die Bedeu­tung des Tauf­na­mens, dass „der Getauf­te durch die Gleich­heit mit dem Namen eines Hei­li­gen zur Nach­ah­mung der Tugend und Hei­lig­keit ange­regt wer­de“ und „er gewiss auch sei­nen Namens­pa­tron anruft und durch des­sen Für­bit­te hofft, er möge ihm bei der Ver­wirk­li­chung eines gott­ge­fäl­li­gen Lebens beistehen“.

Auch in unse­rer „moder­nen“ Zeit wird da und dort die Mei­nung geweckt, es käme zu einer Neu­be­geg­nung der Hei­li­gen zu uns Erden­pil­gern.
Viel­leicht stellt man genau das Gegen­teil als heils­ge­schicht­li­che Rea­li­tät fest:

Nicht die Hei­li­gen kom­men wie­der zu uns Men­schen, denn sie haben sich von uns Men­schen nie ent­fernt. Es muss wohl rich­ti­ger hei­ßen: Wir Men­schen kom­men mit einem neu­en Inter­es­se, mit einem neu­em Ver­trau­en wie­der zu den Heiligen!

Es ist emp­feh­lens­wert zum Namens­tag einem Kind oder Erwach­se­nen ein Buch, einen Bild­band mit der Bio­gra­phie des Namens­pa­trons zu schen­ken. Ein Bild oder eine Sta­tue des Hei­li­gen, ein wert­vol­les Hin­ter­glas­bild könn­te zum Lebens­be­glei­ter werden.

Dass man noch vor weni­gen Jahr­zehn­ten sei­nen Namens­tag auch reli­gi­ös began­gen – mit Kir­chen­be­such am Werk­tag – mit einer fest­lich geschmück­ten Tafel zum Kaf­fee oder zum Abend­essen Ver­wand­te u. Freun­de ein­ge­la­den hat, ist kaum noch bekannt.

Die Fei­er des Namens­pa­trons ist mehr als die Erin­ne­rung an geschicht­li­che Daten. Sie hat zutiefst zu tun mit dem Glau­ben, dass unse­re Welt durch­wohnt ist und dass es beten­de Für­spre­cher gibt, auf die wir nicht leicht­fer­tig ver­zich­ten sollten.

Kein Hei­li­ger war bloß Zuschau­er. Er wuss­te sich als ver­ant­wort­li­cher Zeu­ge für Gegen­wart und Zukunft: Eine immer neue Her­aus­for­de­rung an jedem Namenstag!

Text Andre­as Windbichler

Quel­len­nach­weis: Klei­nes Lexi­kon des Christ­li­chen Brauch­tums v. Alfred Läpp­le
Buch­emp­feh­lung: Hei­li­ge u. Namens­pa­tro­ne v. Schrau­ber u. Schindler